Sehr geehrte Frau Präsidentin , sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
es ist mir eine besondere Ehre, meine erste Parlamentsrede zu einem derart wichtigen Thema halten zu dürfen. Knapp 400.000 junge Menschen studieren in Baden-Württemberg. Von deren Wissen und Können wird der künftige Wohlstand unseres Landes abhängen, und bereits jetzt bereichert das studentische Leben jeden Tag unsere Gesellschaft.
Die Pandemiesemester waren für die Studis an unseren Hochschulen sehr hart. Wir haben mittlerweile einen kompletten Masterjahrgang, der die jeweilige Hochschule noch nie von innen gesehen hat; wie belastend das ist, weiß ich über mein privates Umfeld aus erster Hand. So sehr sich viele Dozentinnen und Dozenten im Land angestrengt haben, mit den digitalen Methoden aufzufangen, was aufzufangen war, wissen wir doch alle, dass es nur ein Notbehelf gewesen ist.
Die akademische Welt lebt vom direkten Austausch, deren existierende Formate eignen sich nur bedingt, ins Digitale transponiert zu werden, und die Zeit, neue Formate zu entwickeln, war schlicht zu kurz, zumal im Lockdown.
Die Folge ist klar: die gesetzten Prüfungsfristen einzuhalten, ist für einige Studierende in der Pandemie unrealistisch.
Etliche sind trotz der Pandemie durchgekommen, und ich habe die größte Hochachtung davor, wie viele es sogar sehr gut geschafft haben, aber es sind eben nicht alle. Unsere Aufgabe in diesem Parlament ist es jedoch, auch und gerade an die zu denken, die es schwerer haben. Daher dient der vorliegende Gesetzesentwurf dazu, die Prüfungsfristen um bis zu drei Semester zu verlängern, und, sollte die weitere Entwicklung der Pandemie es nötig machen, das Ministerium zu ermächtigen, weitere Verlängerungen per Verordnung anzuordnen.
Diese Verordnungsermächtigung gab es beim Bafög, sodass die Landesregierung bereits im Sommer Rechtssicherheit schaffen konnte. Bei den Prüfungsfristen muss das Gesetz geändert werden, und wir gehen es nun an. Höchste Zeit, denn immer noch wird den Betroffenen an einigen Hochschulen die Exmatrikulation angedroht, mit der Begründung der derzeitigen Rechtslage.
Ich hoffe sehr, dass die Exmatrikulationsverfahren spätestens mit der heutigen Debatte ausgesetzt werden, weil sie – ich habe viel Unterstützung in allen demokratischen Fraktionen vernommen – durch das bald verabschiedete Gesetz gegenstandslos wären. Als sog. begünstigendes Gesetz ist auch die Rückwirkung rechtlich unproblematisch, und das Gesetz schafft die Sicherheit für etliche junge Menschen, die gerade bangen.
Die Rechtssicherheit gilt dann auch für die akademischen Beschäftigten, die schaffen wir mit dem § 2 des vorliegenden Entwurfs.
Diese Pandemie hat uns doch allen vor Augen geführt, wie sehr wir exzellente und brillante Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler brauchen.
Ich möchte behaupten, dass die Politik noch nie in diesem Ausmaß auf die Erkenntnisse und die Arbeit der Wissenschaft, der Innovation und Forschung angewiesen war, wie in dieser Krise. Zu welchen Leistungen Forscherinnen und Forscher fähig sind, konnten gerade wir im Kampf gegen das Virus erleben. Es also auch in unserem gemeinsamen Interesse, die akademischen Karrieren nicht ohne Not vorzeitig zu beenden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir noch einen kurzen Ausblick. Eine völlige Rückkehr zur Normalität wird es an den Hochschulen auch im Wintersemester nicht geben, denn das Virus ist nach wie vor da und nach wie vor tödlich gefährlich.
Aber die Impfung eröffnet neue Freiräume, und die Landesregierung hat die Hochschulen bereits ermächtigt, sie zu nutzen, und zu einem weitgehenden Präsenzbetrieb unter 3G-Bedingungen zurückzukehren. Auch an dieser Stelle der Appell an die Studierenden und an Beschäftigten der Hochschulen: lassen Sie sich nicht von alternativen Fakten verunsichern, die Impfung ist sicher, und sie ist sicherlich der beste Weg aus der Pandemie.
Ich wünsche den Hochschulen viel Erfolg bei der Rückkehr zu mehr Präsenz, und ermuntere sie im Namen meiner Fraktion ausdrücklich dazu. Im nächsten Schritt wollen wir auswerten, welche Lehren im Hochschulbereich aus der Pandemie zu ziehen sind: Mit welchen Errungenschaften und bspw. digitalen Innovationen können wir die Hochschullehre langfristig qualitativ verbessern? Wie sieht hochwertige Lehre in den 2020ern aus? Dabei ist klar: In der Regel sollte Lehre in Präsenz stattfinden. Der Diskurs an unseren Hochschulen lebt davon.
In diesem Sinne: die Studierenden im Land können sich auf uns verlassen, sie haben nun die notwendige Sicherheit und können sich auf das Studium konzentrieren; im Namen der GRÜNEN wünsche ich viel Erfolg dabei!
Link zur Rede auf Youtube: https://youtu.be/yl0XjzuuIFc