PRESSE

Rede Gegendemonstration zu den Spaziergängen – 18.02.2022

Liebe Veranstalterinnen und Veranstalter, sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank, dass Sie und Ihr heute Abend hier seid, und für die Bereitschaft, dem Wetter zu trotzen. Die Gelegenheit, heute ein Paar Worte zu sagen, nutze ich sehr gerne.In den letzten Wochen haben wir alle uns mit einem neuen Phänomen auseinandersetzen müssen. Es geht um den gezielten Bruch des Versammlungsrechts, welcher als Spaziergang verharmlost wird. Es ist natürlich möglich, ganz unterschiedlicher Meinung zur geplanten Impfpflicht zu sein, und gegen sie zu demonstrieren. Möglich, wenn auch meines Erachtens nicht zielführend, denn nur mit einer hohen Impfquote werden wir die nächste Welle verhindern. Aber es ist in einer Demokratie möglich, und sachliche Debatte sind überaus willkommen. Es ist ebenfalls möglich, gegen die Schutzmaßnahmen zu demonstrieren. Aber unter Einhaltung des Versammlungsrechts, bei einer angemeldeten Demonstration – so wie hier.

Was wir aber auf unseren Straßen erleben, ist der Versuch, Menschen einzuschüchtern. So, wie es Drohungen gegen die Organisatorinnen dieser Demo gab. Damit wird unmissverständlich deutlich, es geht nicht länger um einen demokratischen Diskurs, sondern um das genaue Gegenteil davon. Umso absurder wird es, von einer angeblichen Diktatur gefaselt wird – in einer Diktatur gäbe es genau einen Spaziergang – den ersten und den letzten! Danach würden Spaziergänge im Gefängnishof stattfinden.

Die sogenannten Spaziergänge werden von einigen damit gerechtfertigt, dass es Menschen aus dem bürgerlichen Milieu seien. Wie genau soll das etwas ändern? Heißt es, die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe rechtfertige Rechtsbrüche? Das kennen wir doch eher aus China oder anderen Ländern mit einer Klassenjustiz! Und das macht dieses Denken, dieses Verharmlosen so gefährlich.

Ich mag dieses Schubladendenken – hier das bürgerliche Milieu, da der Rest ohnehin nicht. Aber wenn man sich schon darauf versteift – seit wann soll es bürgerlich sein, sich gegen demokratisch beschlossene Gesetze zu Wehr zu setzen? Seit wann soll es bürgerlich sein, Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte zu beleidigen, oder gar zu verletzten?Dieser Verharmlosung des Rechtsbruchs müssen wir entgegentreten. Hier sind wir alle gefordert. Ausnahmslos alle.

Wir müssen auch der Verblendung entgegentreten, individuelle Freiheit habe Vorrang vor allem anderen. Freiheit ist ein hohes Gut, und darf nicht leichtfertig und nicht ohne Grund eingeschränkt werden. Aber über 120 Tausend Todesfälle sind ein guter Grund. Jeder davon ist ein guter Grund. Die noch viel zahlreicheren Long-Covid-Fälle sind ein guter Grund. Ein Grund für Schutzmaßnahmen und ein Grund für die Impfpflicht.

Denn das Virus mutiert weiter. Die Impfung alleine reicht als Antwort nicht aus, aber es ist grundlegend, dass möglichst viele sie haben, und dafür brauchen wir die Impfpflicht!

Erst heute Vormittag hat der Landtag von Baden-Württemberg einen vorsichtigen Öffnungskurs gebilligt. Wer jetzt noch gegen Corona-Maßnahmen demonstriert, macht klar, dass es nicht darum, ob die Maßnahmen zu hart seien, sondern um das Prinzip, dass der Staat selbst in einer Pandemie nichts unternehmen soll. Dieser Gedanke darf nicht Fuß fassen! Unser Grundgesetz, auf das wir in Deutschland zurecht stolz sind, verpflichtet alle staatlichen Ebenen, das Leben und die Gesundheit aktiv zu schützen! Und genau dieser Ansatz wird nun in Frage gestellt. Damit dürfen sie nicht durchkommen!

Sie dürfen auch nicht durchkommen mit der Einschätzung, Omikron sein harmlos. Es greift die Gesundheit zwar im Schnitt weniger stark an. Aber es verbreitet sich auch viel schneller. Die heute gemeldeten Todeszahlen sind nun höher als sie jemals in den vergangenen fünf Wochen waren. Es gilt nach wie vor, mit Vorsicht und Umsicht heranzugehen! Es gilt nach wie vor, Solidarität zu zeigen! Deswegen sind wir heute Abend hier – und werden es auch künftig sein! Danke an alle, die mitmachen!

Ich habe mich mit Parteipolitik zurückgehalten, weil sie bei einer Pandemie nichts verloren hat. Aber ich will deutlich sagen, auch nach Rücksprache mit dem Kreisvorstand – Sie dürfen jede Unterstützung anfordern, die wir leisten können, wir stehen solidarisch hinter Euch, und stellen uns vor Euch, wenn Ihr angegriffen werdet!