PRESSE

Erste Beratung Gesetzentwurfs zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes (Parlamentsrede TOP 9 vom 06.04.2022)

Herr Präsident,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert nun seit sechs Wochen an. Auch wenn die ukrainische Armee und die ukrainische Bevölkerung entschlossen und wirkungsvoll Widerstand leisten, kämpft das Land nach wie vor um das schiere Überleben. Inzwischen hat einer der Chefpropagandisten des Kremls, Тимофей Сергейцев, auch offen eingeräumt, dass es im Zuge dieses Krieges darum geht, die eigenständige Ukraine zu vernichten, und das mittels Repressionen, Zensur und Umerziehung.

Es ist, meine Damen und Herren, ein Gebot der Menschlichkeit, der Solidarität und der Europäischen Werte, der Ukraine beizustehen.

Es schmerzt mich, mitanzusehen, wie zögerlich die Bundesrepublik der Ukraine bei der Verteidigung hilft. Der Grund dafür ist simpel: unsere Abhängigkeit von den Lieferungen von Öl, Gas und anderen Rohstoffen aus Russland ist so groß, dass ein sofortiges Embargo sehr harte Folgen für den Wohlstand in Deutschland hätte. Ich persönlich würde es darauf ankommen lassen, aber ich verstehe das Zögern der Zuständigen. Jahrzehntelange Versäumnisse bei der Aufgabe, Deutschland energieautark zu machen, rächen sich ebenso wie die bis zum 24. Februar gebetsmühlenhaft vorgetragene Behauptung, Gasleitungen aus Russland seien rein wirtschaftliche Projekte. Das waren sie nie, sie waren immer ein Instrument der Machtpolitik und sorgen nun dafür, dass die Europäische Union nicht all das tun kann, was getan werden müsste.

Was wir allerdings ohne Abstriche tun können, und was in Baden-Württemberg bereits eingeleitet wurde, ist, den Menschen, die aus der Ukraine fliehen, zu helfen.

Folgerichtig liegt nun der Gesetzesentwurf zur Beratung vor, der den Geflüchteten aus der Ukraine ein Studium in Baden-Württemberg ermöglicht. Damit erhalten alle Menschen, die sich vor Kriegsbeginn legal unbefristet in der Ukraine aufgehalten haben, das Recht, das Studium an einer Hochschule in The Länd gebührenfrei aufzunehmen oder fortzuführen. Dieses Recht gilt gleichermaßen für Geflüchtete aus anderen Staaten, die in der Ukraine als solche anerkannt wurden, und nun das Trauma von Flucht zum zweiten Mal durchleben müssen. Als sogenanntes begünstigendes Gesetz ist die Rückwirkung rechtlich einwandfrei.

Da die Ukraine bereits im Jahr 2005 dem Bologna-Prozess beigetreten ist, ist die Anerkennung der dort erbrachten Studienleistungen verhältnismäßig einfach.

Ich danke dem Präsidium und der Frau Ausschussvorsitzenden dafür, dass beide Lesungen und die Ausschussberatung an insgesamt zwei Tagen stattfinden können. Schnelle Gesetzgebung ist möglich, wenn es darauf ankommt. Und natürlich bitte ich die demokratischen Fraktionen um Zustimmung in der weiteren Beratung. Vielen Dank!