PRESSE

Gesetzentwurfs zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes (Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 07.04.2022)

Frau Vorsitzende, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

wir haben es oft gehört, aber es kann nicht oft genug wiederholt werden: die Ukraine wurde vor sechs Wochen von den Streitkräften der Russischen Föderation angegriffen und kämpft seither um ihr Überleben. Etliche Millionen Menschen mussten das Land verlassen, und es ist ein fundamentales Gebot der Solidarität, dass die EU, Deutschland und BW im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit helfen.

Die EU hat – zum ersten Mal in ihrer Geschichte – die sogenannte Massenzustromrichtlinie aktiviert. Dies bedeutet, dass den Geflüchteten, die die Ukraine verlassen mussten, nun so unbürokratisch geholfen werden kann, wie es nur geht. Ein sehr wichtiges Zeichen der Solidarität.

Allerdings ist es so, dass das Landeshochschulgebührengesetz diesen Fall bei den Ausnahmen von der Gebührenpflicht bisher nicht vorsieht. Daher haben wir heute den Gesetzesentwurf abzustimmen, der dieses nachholt. Damit kein falscher Zungenschlag reinkommt: es gibt auch weiterhin keine Studierenden verschiedener Klassen. Alle erhalten das dem Studiengang entsprechende Angebot. Internationale Studierende erhalten darüber hinaus je nach Hochschule besondere Betreuung. Die von außerhalb der EU für ein Studium nach BW kommenden Studierenden werden – nicht kostendeckend – an den Kosten beteiligt. Dabei sind bereits jetzt sind etliche Befreiungen im Gesetz vorgesehen, ich darf einige benennen:

Ausländerinnen und Ausländer, die eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nach dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG) besitzen,

Ausländerinnen und Ausländer, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die außerhalb des Bundesgebiets als Flüchtlinge […] anerkannt […] sind,

heimatlose Ausländerinnen und Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet

Ausländerinnen und Ausländer, die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben und eine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 22, 23,  23a, 25 Absatz 1 oder 2, 25a, 25b, 28, 37, 38 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder § 104a AufenthG […]| besitzen

Also, vereinfacht zusammengefasst, alle Menschen, die in Deutschland sind, weil sie vor Krieg oder einer drohenden Gefahr geflohen sind. Aber, wie eben ausgeführt, nicht diejenigen, die derzeit aus der Ukraine flüchten.

Es ist ein selbstverständliches, aber dadurch umso wichtigeres Zeichen der Solidarität, diesen Menschen, neben ihren vielen anderen Sorgen und Nöten, zu ermöglichen, ihr Studium in Baden-Württemberg aufzunehmen oder fortzusetzen. Und das wird mit diesem Gesetz getan. Die schrecklichen Bilder aus Mariupol, aus Bucha, aus Volnovacha und vielen anderen Städten der Ukraine machen deutlich, dass wir es hier mit einer in der neueren Geschichte noch nicht da gewesenen Situation zu tun haben, die eine besondere Handlung benötigt. Diese Änderung nun mit einer anderen politischen Debatte zu vermischen, wird der Notlage der Betroffenen nicht gerecht.

Der Krieg, den die Streitkräfte der Russischen Föderation gegen die Ukraine führen, hat auch zufolge, dass jede andere Meinung als die von Putin und seiner Clique in Russland nicht geduldet wird. Wer also den Mut hat, als Studentin oder Student aus Russland auf die Straße zu gehen und gegen den Krieg zu demonstrieren, setzt sich der akuten Gefahr aus, verfolgt zu werden. Umso mehr verdienen diejenigen Anerkennung, die das in Russland tun, aber auch die, die aus Austauschstudierende in BW sind und hier Position beziehen. Eine Rückkehr nach Russland, solange Putin regiert, ist für sie schlicht gefährlich.

Dieses aufenthaltsrechtlich anzuerkennen, ist ebenfalls ein Gebot der Stunde, allerdings ein Bundesthema, und bei diesem Gesetzesentwurf naturgemäß außen vor. Gleichwohl der Tatsache, dass bisher meines Wissens nichts in diese Richtung gelaufen ist, möchte ich Ihnen in der Sache die Hand reichen und wenn wir gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen der Ampelfraktionen eine Initiative dazu starten wollen, bin ich sehr gerne mit dabei. Die Gebührenbefreiung ist dann mit der bereits jetzt geltenden Fassung des Gesetzes geregelt und wir können auch denen helfen, die die Demokratie in Russland zukünftig festigen müssen.

Aber hier und jetzt geht es um Studierende und potenzielle Studierende aus der Ukraine, und die Hilfe für sie. Lassen Sie uns gemeinsam ein Stück mehr von dieser Hilfe auf den Weg bringen und stimmen Sie dem Gesetzesentwurf zu.