PRESSE

Dunkelflaute, ganz real und Folgen

Liebe Leser*innen,

haben Sie das erste Dezember-Wochenende überlebt? Blieb der Weltuntergang aus?

Ich vermute, es haben wenige mitbekommen, aber wir hatten die gefürchtete kalte Dunkelflaute, eine lange noch dazu. 105 Stunden und 15 Minuten. Folgen? Null!

Und genau deswegen lohnt es sich, näher hinzuschauen.

[Disclaimer: alle Zahlen zur konkreten Dunkelflaute stammen von der Fraunhofer-Gesellschaft (https://www.ise.fraunhofer.de/de/impressum.html), die Ausbauziele von https://www.netzentwicklungsplan.de/ , die Berechnungen sind von mir selber, der Rechenweg ist jeweils abgebildet.]

Dunkelflaute ist von den meisten anerkannt definiert als ein Zeitraum länger als 24 Stunden, in dem die Stromproduktion von Windkraft Onshore, Windkraft Offshore und PV unter 20% der jeweiligen Nennleistung liegt. Streng genommen gilt es nicht für den fraglichen Zeitraum vom 29.11.2023, 18:30 bis 04.12.2023 03:45, da die Windkraft Offshore in der Zeit die 20% immer wieder übertraf. Da aber bisher nur 8,4 GW Offshore, aber 60,45 GW Onshore installiert wurden, konzentriere ich mich auf den „größeren Brocken“.

Also, wir hatten 105,25 Stunden Dunkelflaute, kalte Dunkelflaute auch noch dazu – es war recht frisch bis klirrend kalt. Lassen Sie uns die Zahlen anschauen.

Der Strombedarf für die Zeit lag bei 5.892,74 GWh. Davon kamen zwar immer noch rund 29% aus erneuerbaren Quellen, aber eben nicht mehr.

Jetzt rechnen wir mit den Ausbauzielen von 2030. Der Strombedarf wird bis dahin laut Berechnungen um 30% steigen. Die Ausbauziele für Erneuerbare liegen +250% Offshore, +100% Onshore sowie +200 PV. Von einigen wird immer darauf verwiesen, dass EE in einer Dunkelflaute wenig bringen. Was an sich auch stimmt. Wenn wir den Bedarf und Einspeisung für 2030 berechnen, kommen 7.660,56 GWh raus (also +30%). Die Erneuerbaren würden selbst nach Ausbau 1.715,23 GWh bringen.

Es geht also um die Differenz von 5.945,33 GWh. Wie kann diese Energiemenge bereitgestellt werden? Und wie viel macht sie aus?

Um diese Mengen Strom mir Erdgas herzustellen, wären ziemlich genau 10.000 GWh Erdgas notwendig. Ist es ist viel oder wenig? Beim Jahresverbrauch von über 900.000 GWh, den Deutschland derzeit hat, nicht besonders viel.

Wie viel Kraftwerksleistung wird benötigt? Da bis 2030 genügend Kurzzeitspeicher am Netz sein werden, um kurzfristige Lastspitzen zu überbrücken, ist die Rechnung auch einfach: 5.945,33 GWh „Fehlbetrag“ geteilt durch 105,25 Stunden ergibt 56,5 GW. Davon sind 34,8 GW Gaskraftwerke bereits am Netz. Fehlen also 21,7 GW – was sich sehr gut mit dem Ausbauziel von 25 GW im Netzentwicklungsplan deckt. Heißt aber in der Konsequenz – wenn der NEP2030 umgesetzt wird, sind Kohlekraftwerke ab 2030 auch in der Dunkelflaute nicht notwendig.

Es wäre übrigens möglich, diese 5.945,33 GWh auch mit Biogas zu erzeugen, das wären rund 20% der derzeitigen Biogas-Jahreserzeugung von über 28.000 GWh. Das Biogas einzuspeisen und in Gaskraftwerke zu transportieren ist kein Hexenwerk; dort, wo kein Netz liegt, müsste das Gas vor Ort gespeichert werden (was einfach geht mit einem Behältnis aus starker Folie als Speicher, Biogas kommt nicht mit Überdruck). Dafür müsste noch die Leistung der Generatoren erhöht werden, die notwendigen Bauteile sind allerdings „Standardware“.

Die „German6“, also die Reaktoren, die laut einigen auf einmal unverzichtbar geworden sind, würden mit ihren 8,2 GW recht wenig helfen, genauer genommen würden sie in diesen 105,25 Stunden maximal 861,27 GWh erzeugen, nicht einmal 1/6 des abzudeckenden Bedarfs. Denn Energie ist nicht gleich Leistung – etwas, was die Atom-Herrschaften bei Solarzellen anmerken, aber bei AKW gerne vergessen…

Fazit: Dunkelflauten sind real, in der Wirkung von einigen Panimacher*innen heillos überschätzt. Da Dunkelflauten auch selten sind, ist der Energiebedarf für ihre Abdeckung überschaubar. Und nicht einmal 1/6 dieses ohnehin überschaubaren Bedarfs könnte aus den AKW kommen, wer letztere als „Allzweckwaffe“ gegen alles inklusive Dunkelflaute anpreist, ist nicht ganz kompetent oder nicht ganz ehrlich. In diesem Sinne – Energiewende rockt!